Weihnachten, oder: „Die nächste Runde” – die finale Weihnachtsgeschichte

Wussten Sie eigentlich, dass das Höllenfeuer in Fukushima immer noch brennt?
Wir haben es nur vergessen, weil niemand mehr darüber berichtet hat.

Nachgesang im Himmel

Der Teufel:    Das sieht aber gar nicht gut aus.

Gott:        Da sagst Du ‚was! Ich kehre den Rest einfach zusammen; ‚mal sehen, was sich noch d’raus machen lässt. Bisschen Lehm habe ich ja noch. War das eigentlich Deine Idee, ausgerechnet an dem Tag die Erde wackeln zu lassen, an dem der olle Maya-Kalender zu Ende ging?

T:    Kleiner Scherz von mir – so hatten die Weltuntergangspropheten wenigstens einmal recht. Die hatten doch so lange darauf gewartet!

G:    Traurig, dass ausgerechnet der technische Fortschritt ihnen zum Verhängnis wurde. Man stellt aber auch keine Kernbrennstäbe in Japan auf’s Dach.

T:    Du hättest sie nicht vom Baum der Erkenntnis naschen lassen sollen!

G:    Du meinst die Apfelgeschichte? Das hast Du aber gründlich falsch verstanden: Die einzige mit Verstand hatte ‚mal Schwung in die Sache gebracht – ansonsten säßen die Affen doch immer noch im Eden. Den Männern musste so ein Apfel erst auf den Kopf fallen, bevor ‚was weltbewegend Kluges herauskam. Und der Tell konnte auch nur darauf schießen. Mit seinem Sohn d’runter.

T:    Also ist doch die Frau an allem schuld!

G:    Papperlapapp! Die Nummer mit der Schlange war doch Deine Idee, nicht wahr?

T:    Also bin ich an allem schuld?

G:    Das ist Dein Job. Dafür bist Du da. Aber nein, die Erkenntnis war’s nicht. Nach Einstein kam zwar nicht mehr viel, aber sie waren auf einem guten Weg.

T:    Aber was war’s dann?

G:    Sie hätten mehr miteinander reden sollen.

T:    Immerhin hatten sie zum Schluss dieses Netzwerk aus Abermillionen Strippen von Computer zu Computer gebastelt.

G:    Aber wirklich gesprochen haben sie nicht miteinander. Nur rumgespielt damit. Nein, die Erkenntnis war’s nicht. Ich hab‘ sie zu eigennützig gemacht. Der Geiz war’s, denke ich, der Eigennutz.

T:    Wenn jeder an sich denkt, ist an jeden gedacht.

G:    Bitte keine Plattitüden. Das war vor gut zweitausend Jahren schon einmal aktuell und ging auch damals nicht mehr so weiter. Ich hab‘ unseren Krisenmanager geschickt, um mein Testament zu ändern. Sie haben aber den neuen Vertragstext einfach nicht kapiert – und ich hatte mir so eine Mühe gegeben.

T:    Deine Mühewaltung, oh Herr, die göttliche Intervention zu verbergen? Unbefleckte Empfängnis und so?

G:    Das auch. Aber vor allem war mir wichtig, dass sie begreifen, dass sie nur gemeinsam bestehen können. Zur Abwechslung ‚mal miteinander – als immer nur gegeneinander und jeder für sich allein. Was war denn an dem Merksatz „Liebe Deinen Nächsten wie Dich selbst!” so schwer zu begreifen?

T:    Vielleicht liebten sie sich nicht einmal selbst genug. Und so dann auch den Nachbarn.

G:    Du spielst ja gerade den Anwalt Deiner selbst. Nach dem finsteren Mittelalter hab‘ ich die frohe Botschaft sogar noch ‚mal umformulieren lassen.

T:    „Was du nicht willst, dass man dir tu’, das füg’ auch keinem anderen zu”?

G:    … genau. Vielleicht hat’s der Kant nur zu verklausuliert gebracht mit seiner „Maxime des Willens”.

T:    Und was hatte jetzt der Geiz damit zu tun?

G:    Das fragst Du mich? Todsünden sind doch Dein Ding. Pass auf: Wenn Du nur an Dich denkst, also Geld über Gold anhäufst und es nicht wieder loslassen kannst, verselbstständigt es sich … und am Ende besitzt Du keine Reichtümer, sondern die Reichtümer besitzen Dich.

T:    Jetzt kommst aber Du mit Plattitüden, oh Herr!

G:    Der Trick ist, abzugeben. Diese Geldschein-Religion, diese Geld-Scheinreligion war ein Wertesystem ohne Werte: Am Ende haben sie doch tatsächlich geglaubt, dass diejenigen mit viel Geld besser wären als die ohne. Dabei war’s für jeden nach bummelig achtzig Jahren vorbei mit der Lebenszeit, bauartbedingt.

T:    Sie hatten aber ‚mal versucht, ihr krebskrankes WirtschaftsSystem in den Griff zu bekommen.

G:    Du meinst, dieses Manifest, alles Geld abzuschaffen und ’ne klassenlose Gesellschaft zu gründen?

T:    Hattest Du dabei etwa auch Deine göttlichen Finger im Spiel?

G:    Na klar. Was glaubst Du denn, warum der andere „Engels” hieß?

T:    Ist aber gründlich in die Hose gegangen mit der Internationalen. Utopie.

G:    Gründlich. Er hätte sich das mit dem „Opium für’s Volk” aber auch sparen können. Nein, irgendwann wollten sie auch selbst nicht mehr – schau‘ Dir die ganzen Hollywood-Horor-Streifen an: Kaum ein Film zeigte ‚mal eine bessere Welt. Nur noch Mord und Totschlag – bis hin zum Armageddon! Ich wurde richtig neidisch auf diese bizarren Weltuntergangsphantasien, die sie sich immer ausgedacht haben.

T:    Gott bewahre!

G:    Zu spät.

T:    Hattest Du denn keine Lust mehr, die Sache zu retten? Immerhin hatten sie das Feuer, das Buch und den Reißverschluss erfunden.

G:    Ich hatte sie ja gewarnt! Mehrfach und drastisch sogar! Hast Du das etwa auch nicht mitbekommen? Ich nahm ihnen die Pandas weg, die Elefanten, die Tiger, die Eisbären, die Spatzen … ja, ganze Regenwälder! Und zum Schluss die Bienen. Deutlicher kann man doch wohl nicht vorführen, was sie selbst erwarten würde!

T:    Also war ihnen das alles – Natur, saubere Luft und so – offensichtlich nicht so wichtig wie dieses Geld.

G:    Wobei sie dieses Zeug auch noch benutzt haben, um sich das letzte bisschen Spaß kaputt zu machen: Überall wo Geld im Spiel war, gab’s Wettmanipulation, Bestechung und Doping aus Eigensucht. Die Bodybuilder, die Fahrradfahrer, die Schwimmer … das ging ja bis zu den Sumo-Ringern in Japan. Die Schlingel.

T:    Aber der Spaß am Fußball war doch ungebrochen – wenigstens draußen bei den Fanbegegnungen … von dem kleinen Linienrichter ‚mal abgesehen.

G:    Und dann haben die ohne Geld, die Vorstädte der mit Geld angezündet. Geld machte einfach nicht glücklich. Auch habe ich nie verstanden, WO die wenigen mit dem vielen Geld eigentlich noch leben wollten in dieser Welt – die besten Plätzchen waren doch alle verhunzt … oder inzwischen unter Wasser.

T:    Vielleicht hattest Du sie zu verwöhnt mit dem Gedanken an Deine Allmacht, mit diesem „Alles wird gut!”, selbst ein Leben nach dem Tod war drin, paradiestechnisch.

G:    Wie meinst Du das denn?

T:    … naja, sie konnten sich immer auf Dich berufen. Der Alte wird’s schon richten. Oh, mein Gott! Und wenn auch das eigene, begrenzte Leben verpfuscht war – anschließend war Party versprochen, todsicher!

G:    Ich hätte sie lieber allein lassen sollen, meine Kinder? Du Teufel!

T:    Alle Eltern müssen ihre Kinder irgendwann einmal loslassen. Was wäre denn gewesen, wenn sie nicht an Dich, sondern an sich selbst geglaubt hätten? Immerhin hätten sie dann nicht ein höheres Wesen, sondern nur sich selbst für alles verantwortlich machen müssen …

G:    … und sich ‚mal über die Konsequenzen des eigenen Handels bewusst werden! Du meinst also, ich hätte mich selbst aus der Gleichung nehmen sollen?

T:    Wenn nicht der Allmächtige, wer sonst, könnte das bewerkstelligen!

G:    Das hätte mich aber in ein ganz schönes Dilemma gebracht. So rein logik-logistisch. Und Du wärst im übrigen dann auch dran gewesen.

T:    … und nu‘?

G:    Naja, für die nächste Runde könnte ich ja diese lustigen Libellen mit mehr Verstand ausstatten – ein Versuch wär’s wert.

T:    … tja, dann: „Happy Birthday!”

G:    „Birthday”? Willst Du einen neuen Urknall?

T:    … nein, ich meine doch: „Fröhliche Weihnachten!”

G:    … ach so – ich richt’s aus.

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